Vor rund 800 Jahren haben sich die Wege von Andechs in Bayern mit Sárospatak im Nordosten von Ungarn verbunden
Andechs |
Sárospatak |
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Zugvögel |
Wandervögel |
Wir sind fünf Wanderer aus dem Süden von Deutschland und leben nahe dem heiligen Berg in Andechs in Bayern, der Stammburg der Grafen von Andechs Meranien. Dieses Jahr haben wir uns auf den Weg nach Sárospatak im Nordosten von Ungarn gemacht, einer Burg aus dem königlichen Geschlecht der Arpaden. Das Herzstück unserer Reise ist der Wanderweg. Dieser Pilgerweg wurde 2007 anlässlich der 800-Jahr-Feier der Geburt Elisabeths erstmals eröffnet.
Die historische Elisabeth von Thüringen, auch Elisabeth von Ungarn und heilige Elisabeth genannt, verbindet diese beiden Orte. Ihre Mutter war Gertrud aus dem Hause des Grafen von Andechs Meranien. die mit dem ungarischen König Andreas II vermählt wurde; Elisabeth ist im Jahre 1207 als drittes Kind in Sárospatak geboren.Mit vier Jahren kam sie nach Eisenach auf die Wartburg, wo sie dem Sohn des Grafen von Thüringen versprochen worden war, hier wurde sie erzogen und mit 13 Jahren verheiratet. Der mitgegebene große Brautschatz versetzte die Menschen in Staunen, doch der wahre Schatz war das kleine Mädchen selbst.
Es ist die Zeit des Hochmittelalters, "die Zeit des heiligen, römischen Reiches, deutscher Nation", wo Grafen, Könige und Kaiser sowie die geistigen Herrscher, Bischöfe und Päpste die Geschicke der Menschen bestimmten. Das Verheiraten der hohen Töchter und Söhne über alle Landesgrenzen hinweg geschah, um über familiäre Banden innerhalb der Adelsgesellschaften die Machtbeziehungen zu festigen und auszudehnen.
Im Szent Erzebet Haz in Sárospatak |
sind wir wohl behütete Gäste bei Schwester Kanizja |
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Elisabeth war trotz ihrer hohen Geburt auf der Suche nach Wahrhaftigkeit. Ihr Weg war das Mitgefühl, gleich so Gerechtigkeit und führte sie zu einem Wechsel vom Lager der Mächtigen in das Lager der Armen und Bedürftigen. Das ist für die damalige Zeit - und Hand aufs Herz, das gilt für jede Zeit - ein ungeheuerlicher Sprung.
Ich vergleiche sie mit mich bewegenden Menschen meiner Zeit wie Mahadma Ghandi oder Martin Luther King, die sich mit gewaltfreiem Kampf für die Abschaffung des starren Kastenwesens und der Rassentrennung für die Gleichheit der Menschen einsetzten.Die heiligen Stätten liegen am Anfang des Pilgerweges zwischen den alten Grundsteinen der alten Basilika in Sárospatak, wo Elisabeth getauft wurde, und am Ende unseres Weges, dem gotischen Elisabethdom mit seinen Kunstschätzen in Kosice.
Bodrog |
Weinberge |
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Unser Wanderweg beginnt am Ufer der Bodrog, die Sárospatak (übersetzt Schlammfluss) ihren Namen gab. Sie ist breit und treibt sehr langsam dahin, nicht tief, ihr Wasser warm und braun mit weichem schlammigem Untergrund. An ihren Ufern Schilf und Gestrüpp, ein Vogelschutzgebiet. An den südlichen sanften Hängen der Zempliner Berge wachsen die berühmtesten Weine Ungarns, das "Erlauer Stierblut" und die edelsüßen Weine von Tokaj,der Tokajer. Es ist ein Vulkangebirge und hebt von Süden nach Norden an, ihr höchster Gipfel mit 910 m liegt bereits in der Slowakei. Die meisten Hügelkappen aber liegen bei 400 - 600 Meter, sind sehr bewaldet und zeigen nur an wenigen Kanten den harten Fels, auf dem oft eine Burg steht, die eine weite Aussicht über Land und Wald gewährt. Die Dörfer sind in den schmalen Tälern versteckt unter Bäumen, oft entlang eines kleinen Bachlaufs, aufgefädelt entlang nur einer Straße. Bergbau und Forstbetrieb sichern seit alters her ihr traditionelles Auskommen.
Burg Regec |
Burg Füzer |
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Die Häuser mit den blumenreichen Gärten, den schmiedeeisernen und hölzernen Zäunen, Gattern und Einfahrten sind unterschiedlich und individuell, genauso wie unsere Übernachtungsplätze und ihre Gastgeber in den Dörfern. Meist Selbstversorger und ohne Abendessen und Frühstück. Die Suche nach einem warmen Essen, einem starken Kaffee oder einem kühlen Bier lässt uns auch noch am Ende eines langen Tages ungeahnte Kräfte wachsen.
Der Weg verläuft in rund 70 km über die Zempliner Berge von Sárospatak in Ungarn nach Kosice in der Slowakei. Mit der ersten Übernachtung und Besichtigung in Sárospatak und der letzten in Košice eingeschlossen waren wir sieben Tage unterwegs.
Das Rosenwunder erzählt, Elisabeth brachte jeden Tag Körbe mit Brot aus den Kammern der Wartburg den Burgberg hinunter in die Stadt, um es an die Armen zu verteilen. Einmal auf dem Weg hinunter begegnete ihr der Ehemann Ludwig und fragte, was sie in ihrem Korb unter dem Umhang trage. Da erwiderte sie "Rosen", worauf sie den Umhang öffnete, damit er hineinsehen konnte. Doch siehe da, das Brot hatte sich in Rosen verwandelt. Rosen sind das Symbol als Nahrung für die Seele. Sie berührte die Menschen, linderte ihre Wunden, beachtete jeden Einzelnen, sprach Trost und ermutigte, fütterte die Bedürftigen mit ihrer eigenen Hand. Sie nannten sie liebevoll "Landesmutter". In ihren Kreisen brachte ihr dieser Titel keinen Ruhm ein, denn es war keineswegs üblich, sich mit einfachen oder kranken Menschen abzugeben, eher gab man von "oben herab" Almosen, aber eine Berührung war undenkbar.
So wurde bei Entstehung des Pilgerweges 2007 die stilisierte rote Rose auf weißem Grund als Wegzeichen gewählt. Die ROSE nahm uns an die Hand und führte uns sicher entlang der tief bewaldeten Schluchten, Hänge und Hügelkappen. Sahen wir fünf Minuten keine Rose, so suchten wir und gingen notfalls auch zurück, um festzustellen, dass wir wirklich keine Abzweigung verpasst hatten. Auf den sonnigen Lichtungen am Rande des Weges leuchten schwarz die reifen Brombeeren, sie gehören auch zu den Rosengewächsen, ihr stacheliges Kostüm kann uns nicht vom Naschen abhalten.
Es ist still, keine Straße, kein Flugzeug oder entfernte Kettensäge, kein Wind, nur das Rascheln des alten Laubes unter unseren Füßen ist zu hören. Wir finden einen Rastplatz mit Baumstümpfen, tragen zusammen was wir noch Essbares in unseren Rucksäcken horten. In die Rinde einer Buche ist ein Bekenntnis geritzt: "szeretlek"; die ungarische Sprache schafft das auszudrücken, wozu wir drei Wörter brauchen: "ich liebe dich."Ich nehme die dicke Textmappe aus meinem Rucksack, Kopien aus dem Internet, geistige Wegzehrung, die wir kaum brauchen, meist gehen wir schweigend. Das Lied "Die Rose" von Bette Midler hatte ich mir zuhause immer wieder angehört und den Liedtext mitgenommen. Die anderen sind so nett und ermutigen mich, das Lied vorzusingen, es ist schön die eigene Stimme zu erheben.
Erst wurde die Tschechoslowakei gegründet. Das blieb so unter der russischen Besatzung. Im Jahre 1993 bildete die Slowakei einen unabhängigen Staat, der seit 2001 der europäischen Union angehört und seit 2007 den Euro eingeführt hat.
Am vorletzten Tag wandern wir über die grüne Grenze, zwei Staaten mit vollkommen verschiedenen Sprachen und unterschiedlichen Währungen, dem Forint und dem Euro. Land und Leute aber bleiben gleich und es fällt auf, dass die Straßenschilder in der Slowakei zweisprachig beschriftet sind: slowakisch und ungarisch.Elisabeth ist mit 24 Jahren gestorben und kurz nach ihrem Tod heiliggesprochen worden. Es heißt, sie habe Wunder vollbracht.
Kirche der heiligen Elisabeth |
in Kosice, Slowakei |
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Das Ziel unserer Reise, der Dom in Košice, wurde ihr geweiht. Die gotische Kathedrale ist das größte und bedeutendste Bauwerk der Stadt und das Schmuckstück des langgezogenen Marktplatzes. Im Inneren, der Apsis ein Altarschrein, der die schlimmen Feuerbrünste überstanden hat. Drei Frauenstatuen stehen darin, in der Mitte die Madonna, daneben die biblische Elisabeth und unsere heilige Elisabeth. Ihr Gesicht so fein und schön, ihre weiten Kleider schwingen leicht, in ihrer Hand hält sie ihre Attribute, das Schüsselchen und den Löffel zum Füttern der Ärmsten und Bedürftigsten.
Wir verweilen lange in der Betrachtung der 12 Bildtafeln auf den zwei großen Flügeltüren des Schreins, sie erzählen aus dem Leben der heiligen Elisabeth.
Über den Dächern |
von Kosice |
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